Rechts oben signiert
„M. Liebermann“ und datiert „97“.
Verso auf der Abdeckung drei Papieraufkleber der auch im WVZ genannten Sammlungen und Ausstellungen, ferner Klebezettel „LaRoche No. 50“ (Basel) sowie ein Schweizer Zollstempel.
Im Original-Rahmen, hinter Glas.
Ein Zertifikat des Art Loss Register. London, 13. Mai 2025, vorliegend.
Das blonde Mädchen steht in Ganzfigur vor einer bewachsenen Böschung, in Holzschuhen, mit grauem Krempenhut und einer rosafarbenen Kittelschürze über einem grauem Kleid. In ihren Händen hält sie einen langen schwarzen Wollschal oder Strumpf, an dem sie mit drei Nadeln strickt und dem ihr konzentrierter Blick gilt.
Die Datierung weist in den Zeitraum, als Liebermann nach schon früheren Aufenthalten in Holland 1897 und 1898 wiederum in Laren tätig wurde. Jetzt entstanden dort Gemälde wie „Weberei in Laren“ und „Schulgang in Laren“. Sein Interesse galt in diesen Jahren den sozialen Verhältnissen und den arbeitenden Menschen in einer Zeit gesellschaftlichen Umbruchs. Werkhallen und Webereien wurden seine Sujets. Einzeldarstellungen von Arbeitern, aber auch Kindern, ließen Werke entstehen, in denen der tätige Mensch in den Blick genommen wurde. Treffend hat der berühmte Berliner Adolph Menzel (1815-1905) den Malerkollegen Liebermann charakterisiert – er sei: „der einzige, der Menschen malt und keine Modelle“. Dies lässt sich auch an vorliegendem Bild des Mädchens nachvollziehen.
Anders als Liebermanns Studien und Skizzen zu seinem Werk „Schulgang in Laren“ (1897), die ebenfalls ähnlich gekleidete Mädchen mit Hüten zeigen, weist das Gemälde hier keinerlei Skizzencharakter auf. Die Gestalt ist in aller Genauigkeit ausgeführt, trotz der frühimpressionistischen Malweise. Lediglich der Hintergrund zeigt skizzenhaften Charakter, in flottpinseliger Wiedergabe der Büsche am Hang oder im oberen Teil des Hutes. Dies jedoch lässt die Figur umso realistischer hervortreten. Von demselben Mädchen schuf Liebermann noch etwa fünf weitere Versionen, auch zusammen mit weiteren Kindern (‚WVZ S. 468 – 475).
Das Werk entstand, nachdem Liebermann bereits mit- und nach der Gründung der Berliner Sezession 1892 sich für die Arbeiten bedeutender Kollegen im In- und Ausland interessierte, wie etwa für Degas oder Whistler, mit Aufenthalt in Paris und London. Seinen unverwechselbaren Stil hatte Liebermann jedoch beibehalten, der speziell für den deutschen Impressionismus so wichtig werden sollte. Das Gemälde entstand im Jahr seines 50. Geburtstags, in dem von der Akademie der Künste ein ganzer Ausstellungssaal für mehr als 50 Werke gewidmet wurde.
Das Gemälde ist im Werkverzeichnis aufgeführt und abgebildet, mit dem Vermerk „verschollen“. Daher konnte die Farbgebung nach dem damals vorhandenen Schwarzweiß-Foto noch nicht genannt werden. Die Kittelschürze zeigt, wie nun geklärt, dieselbe Rosafärbung wie in den im WV farbig erfassten Varianten.
Provenienz:
Bis 1910 Sammlung L. LaRoche-Ringwald, Basel.
Auktion bei Eduard Schulte, Berlin, 29.11.1910, Lot. 50, mit Abb.
1914 (?) Caspari München.
Dr. Koeppel, Berlin-Lichterfelde West.
Literatur:
Der Kunstmarkt, Jg. VIII, Nr. 10, 9. Dezember 1910, S. 98 (Auktion bei Schulte),
Erich Hancke. Max Liebermann. Sein Leben und seine Werke, Berlin 1914, S. 537 (Werkkatalog, dort „Stehendes Mädchen“).
Matthias Eberle, Max Liebermann. 1847-1935. Werkverzeichnis der Gemälde und Ölstudien, Bd 1: 1865-1899, München 1995. In Zusammenarbeit mit dem Paul Cassirer-Archiv (Walter Feichenfeldt, Zürich) und mit Unterstützung der Erben Max Liebermanns. Dort unter Nr. 1897/13, S. 468, abgebildet S. 469. A.R.
Ausstellungen:
Gemäldesammlung L. LaRoche-Ringwald, Basel (1442281) (11)
Max Liebermann,
1847 Berlin – 1935 ibid.
STRICKENDES MÄDCHEN (GIRL KNITTING), 1897
Oil on artist's board.
50.5 x 35 cm.
Signed “M. Liebermann” upper right and dated “97”.
The reverse of the artist's board bears three paper labels from the collections and exhibitions also referenced in the catalogue raisonné, and an adhesive label “LaRoche No. 50” (Basel), as well as a Swiss customs stamp.
A certificate from the Art Loss Register, London, dated 13. May 2025, is available.
The dating of the work corresponds to the period when Liebermann, following earlier visits to the Netherlands, returned to Laren in 1897 and 1898. There, he produced paintings such as Weberei in Laren and Schulgang in Laren. During this time, his artistic focus shifted toward the depiction of working people and social conditions during a period of social upheaval. Liebermann painted approximately five additional versions of the same girl, some featuring other children (catalogue raisonné, pp. 468-475). This painting is listed and reproduced in the catalogue raisonné, where it is marked as “lost”. As a result, the colour scheme could not be determined at the time, based only on a black-and-white photograph. It has now been established that the apron shows the same pink colouring seen in other documented colour versions.
Provenance:
Until 1910 L. LaRoche-Ringwald, Basel.
1910 Eduard Schulte, Berlin.
1914 (?) Caspari, Munich.
Dr Koeppel, Berlin-Lichterfelde West.
Literature:
Der Kunstmarkt, vol. VIII. no. 10, 9 December 1910, p. 98 (Auction at Schulte), Erich Hancke, Max Liebermann. Sein Leben und seine Werke, Berlin 1914, p. 537 (catalogue raisonné, listed as “Stehendes Mädchen”).
Matthias Eberle, Max Liebermann, 1847 – 1935. Werkverzeichnis der Gemälde und Ölstudien, vol I, 1865 – 1899, in collaboration with the Paul Cassirer Archive (Walter Feichenfeldt, Zürich) and with the assistance of the heirs of Max Liebermann, Munich 1995. Listed under no. 1897/13, p. 468, illustrated on p. 469.
Exhibitions:
Gemäldesammlung L. LaRoche-Ringwald, Basel, Auction at E. Schulte, Berlin, 29 November 1910, no. 50, ill. (RM 4,300).