Stand 14.06.2024

Benedetto Luti, und Werkstatt

Lot 257
SUSANNA UND DIE ALTEN
Öl auf Leinwand. Doubliert.

170 x 116 cm

Lot 257
SUSANNA UND DIE ALTEN
Öl auf Leinwand. Doubliert.
170,0 x 116,0 cm

Schätzpreis:
€ 70.000 - 100.000
Auktion: -2 Tage

Hampel Fine Art Auctions

Ort: München
Auktion: 27.06.2024 11:00 Uhr
Auktionsnummer: 140
Auktionsname: Gemälde Alte Meister - Teil I

Lot Details
In à jour gearbeitetem gefasstem und vergoldetem Akanthusrahmen.

Das vorliegende Gemälde ist die einzige bekannte Kopie eines Werkes auf Leinwand, das denselben Inhalt und dieselben Maße wie ein Bild der jungen Artemisia Gentileschi aus dem Jahr 1610 hat, welches heute in der Sammlung Graf Schönborn in Schloss Weißenstein bei Pommersfelden aufbewahrt wird. Es ist sehr wahrscheinlich, dass das hier besprochene Gemälde identisch ist mit einer Kopie, die der Florentiner Maler Benedetto Luti im Sommer 1714 in seiner Werkstatt anfertigen ließ. Luti, der nicht nur ein berühmter Maler, sondern auch Kunsthändler, Kenner und Sammler war, strebte damals danach, in den Ritterstand erhoben zu werden. Sein Mäzen und Schutzherr, Lothar Franz von Schönborn, Erzbischof von Mainz, sollte dies beim Kaiser in Anerkennung seiner künstlerischen Verdienste erwirken. Um seinen Gönner zu erfreuen, beschloss Luti, ihm ein Bild von Artemisia Gentileschi zu schenken, da er wusste, dass Schönborn eine Vorliebe für weibliche Aktdarstellungen hatte, solange diese anständig waren.
Aus mehreren Briefen Lutis an Johann Alberich Bauer von Heppenstein, einen Beamten am Hof Schönborns, geht hervor, dass Luti eine Kopie des Gemäldes von Artemisia in Auftrag gab, um die Meinung Heppensteins zur Eignung des Werkes als Geschenk für den Erzbischof einzuholen. Die Antwort war positiv, und das Originalgemälde wurde ins Schloss geschickt, wo es sich noch heute befindet; die Kopie blieb als Geschenk bei Heppenstein. Luti erhielt im Jahr 1715 als Anerkennung das mit Diamanten besetzte Kreuz. In den oben genannten Briefen erklärt Luti, warum er zunächst eine Kopie des Bildes „Susanna und die beiden Alten“ schickte: Das Original war aufgrund der dicken, steifen Malschichten schwer zu transportieren, da ein Einrollen der Leinwand es beschädigt hätte. Rodolfo Maffeis vermutet jedoch, dass Luti wegen der erotischen Darstellung der Szene unsicher war, ob das Bild dem Geschmack seines Mäzens entsprechen würde, und fürchtete, ihn zu beleidigen. Daher wollte er zuerst die Zustimmung Heppensteins einholen, um sicherzugehen, dass das Geschenk angemessen war. Luti war erfahren in der Anfertigung von Kopien nach berühmten Gemälden. Solche Arbeiten ließ er in seiner Werkstatt ausführen, gab aber oft selbst den letzten Schliff. Maffeis hält es für möglich, dass Luti persönlich an der Entstehung des vorliegenden Gemäldes mitgewirkt hat, auch wenn er in seinen Briefen an Heppenstein angab, dass er es „machen ließ“ („fatto fare“).
Das vorliegende Gemälde ist eine sorgfältige Nachbildung des Originals mit feiner Detailtreue und zarteren Farben. Es unterscheidet sich vom Original lediglich durch das Fehlen von Signatur und Datierung, die im Original auf der linken unteren Stufe zu finden sind. Merkwürdigerweise gab Luti das Bild „Susanna und die beiden Alten“ in seiner Beschreibung als Werk von Orazio Gentileschi, dem Vater von Artemisia, aus. Im Inventarverzeichnis des Schlosses von 1719 ist es ebenfalls als solches verzeichnet. Raymond Ward Bissell versuchte dies zu erklären, indem er annahm, dass Luti Artemisia nicht kannte und nur ihren berühmteren Vater. Er vermutete auch, dass die Signatur möglicherweise damals von einer Malschicht überdeckt war. Maffeis hingegen schließt diese Vermutungen aus und glaubt, dass Luti die Signatur absichtlich verbarg, um das Bild als Werk von Orazio Gentileschi auszugeben. Eine Zuschreibung an eine Künstlerin hätte das Bild in Verbindung mit dem Thema möglicherweise noch provokativer gemacht und somit als Geschenk für Schönborn ungeeignet.

Provenienz:
Benedetto Luti für Johann Alberich Bauer von Heppenstein, Hofbeamter bei Lothar Franz von Schönborn.
Kunsthandel, Deutschland.
Privatsammlung, Europa.

Literatur:
Rodolfo Maffeis, L'importanza di firmarsi Artemisia. Su una "Susanna" della Gentileschi nella collezione di Benedetto Luti, in: Mitteilungen des Kunsthistorischen Instituts in Florenz, 3, 2017, S. 389-407, Abb. 2.
Artemisia Gentileschi and the Authority of Art: Critical Reading and Catalogue Raisonné, University Park 1999, S. 10 (1401691) (13)



Benedetto Luti,
1666 Florence – 1724 Rome, and workshop

SUSANNA AND THE ELDERS

Oil on canvas. Relined.
170 x 116 cm.

The painting on offer for sale in this lot is the only known copy of a work on canvas with the same subject and dimensions as a painting by the young Artemisia Gentileschi from 1610, which is now held at the Count Schönborn collection in Weißenstein Castle near Pommersfelden.
It is very likely that the painting in question is identical to a copy that the Florentine painter Benedetto Luti created in his workshop in the summer of 1714. Luti was experienced in making copies of famous paintings. Such work was carried out by his workshop, but he often added the finishing touches himself. Maffeis (see Literature) considers it possible that Luti personally participated in the creation of the present painting, even though he stated in his letters to Heppenstein that he “had it done” (“fatto fare”). The present painting is a careful reproduction of the original with finer details and more delicate colouration. The only difference to the original is that it does not show a signature and date, which can be found on the original on the lower left step. Curiously, Luti’s described Susanna and the Elders as a work of Orazio Gentileschi, Artemisia’s father. It is also listed as such in the castle’s inventory of 1719 (see Literature). Raymond Ward Bissell (Artemisia Gentileschi and the Authority of Art: Critical Reading and Catalogue Raisonné, University Park 1999, p. 10) tried to explain this by assuming that Luti did not know Artemisia and only her more famous father.

Provenance:
Benedetto Luti for Johann Alberich Bauer von Heppenstein, court official for Lothar Franz von Schönborn.
Art trade, Germany.
European private collection.

Literature:
R. Maffeis, L’importanza di firmarsi Artemisia. Su una “Susanna” della Gentileschi nella collezione di Benedetto Luti, in: Mitteilungen des Kunsthistorischen Instituts in Florence, 3, 2017, pp. 389-407, ill. 2.

Lot Details
In à jour gearbeitetem gefasstem und vergoldetem Akanthusrahmen.

Das vorliegende Gemälde ist die einzige bekannte Kopie eines Werkes auf Leinwand, das denselben Inhalt und dieselben Maße wie ein Bild der jungen Artemisia Gentileschi aus dem Jahr 1610 hat, welches heute in der Sammlung Graf Schönborn in Schloss Weißenstein bei Pommersfelden aufbewahrt wird. Es ist sehr wahrscheinlich, dass das hier besprochene Gemälde identisch ist mit einer Kopie, die der Florentiner Maler Benedetto Luti im Sommer 1714 in seiner Werkstatt anfertigen ließ. Luti, der nicht nur ein berühmter Maler, sondern auch Kunsthändler, Kenner und Sammler war, strebte damals danach, in den Ritterstand erhoben zu werden. Sein Mäzen und Schutzherr, Lothar Franz von Schönborn, Erzbischof von Mainz, sollte dies beim Kaiser in Anerkennung seiner künstlerischen Verdienste erwirken. Um seinen Gönner zu erfreuen, beschloss Luti, ihm ein Bild von Artemisia Gentileschi zu schenken, da er wusste, dass Schönborn eine Vorliebe für weibliche Aktdarstellungen hatte, solange diese anständig waren.
Aus mehreren Briefen Lutis an Johann Alberich Bauer von Heppenstein, einen Beamten am Hof Schönborns, geht hervor, dass Luti eine Kopie des Gemäldes von Artemisia in Auftrag gab, um die Meinung Heppensteins zur Eignung des Werkes als Geschenk für den Erzbischof einzuholen. Die Antwort war positiv, und das Originalgemälde wurde ins Schloss geschickt, wo es sich noch heute befindet; die Kopie blieb als Geschenk bei Heppenstein. Luti erhielt im Jahr 1715 als Anerkennung das mit Diamanten besetzte Kreuz. In den oben genannten Briefen erklärt Luti, warum er zunächst eine Kopie des Bildes „Susanna und die beiden Alten“ schickte: Das Original war aufgrund der dicken, steifen Malschichten schwer zu transportieren, da ein Einrollen der Leinwand es beschädigt hätte. Rodolfo Maffeis vermutet jedoch, dass Luti wegen der erotischen Darstellung der Szene unsicher war, ob das Bild dem Geschmack seines Mäzens entsprechen würde, und fürchtete, ihn zu beleidigen. Daher wollte er zuerst die Zustimmung Heppensteins einholen, um sicherzugehen, dass das Geschenk angemessen war. Luti war erfahren in der Anfertigung von Kopien nach berühmten Gemälden. Solche Arbeiten ließ er in seiner Werkstatt ausführen, gab aber oft selbst den letzten Schliff. Maffeis hält es für möglich, dass Luti persönlich an der Entstehung des vorliegenden Gemäldes mitgewirkt hat, auch wenn er in seinen Briefen an Heppenstein angab, dass er es „machen ließ“ („fatto fare“).
Das vorliegende Gemälde ist eine sorgfältige Nachbildung des Originals mit feiner Detailtreue und zarteren Farben. Es unterscheidet sich vom Original lediglich durch das Fehlen von Signatur und Datierung, die im Original auf der linken unteren Stufe zu finden sind. Merkwürdigerweise gab Luti das Bild „Susanna und die beiden Alten“ in seiner Beschreibung als Werk von Orazio Gentileschi, dem Vater von Artemisia, aus. Im Inventarverzeichnis des Schlosses von 1719 ist es ebenfalls als solches verzeichnet. Raymond Ward Bissell versuchte dies zu erklären, indem er annahm, dass Luti Artemisia nicht kannte und nur ihren berühmteren Vater. Er vermutete auch, dass die Signatur möglicherweise damals von einer Malschicht überdeckt war. Maffeis hingegen schließt diese Vermutungen aus und glaubt, dass Luti die Signatur absichtlich verbarg, um das Bild als Werk von Orazio Gentileschi auszugeben. Eine Zuschreibung an eine Künstlerin hätte das Bild in Verbindung mit dem Thema möglicherweise noch provokativer gemacht und somit als Geschenk für Schönborn ungeeignet.

Provenienz:
Benedetto Luti für Johann Alberich Bauer von Heppenstein, Hofbeamter bei Lothar Franz von Schönborn.
Kunsthandel, Deutschland.
Privatsammlung, Europa.

Literatur:
Rodolfo Maffeis, L'importanza di firmarsi Artemisia. Su una "Susanna" della Gentileschi nella collezione di Benedetto Luti, in: Mitteilungen des Kunsthistorischen Instituts in Florenz, 3, 2017, S. 389-407, Abb. 2.
Artemisia Gentileschi and the Authority of Art: Critical Reading and Catalogue Raisonné, University Park 1999, S. 10 (1401691) (13)



Benedetto Luti,
1666 Florence – 1724 Rome, and workshop

SUSANNA AND THE ELDERS

Oil on canvas. Relined.
170 x 116 cm.

The painting on offer for sale in this lot is the only known copy of a work on canvas with the same subject and dimensions as a painting by the young Artemisia Gentileschi from 1610, which is now held at the Count Schönborn collection in Weißenstein Castle near Pommersfelden.
It is very likely that the painting in question is identical to a copy that the Florentine painter Benedetto Luti created in his workshop in the summer of 1714. Luti was experienced in making copies of famous paintings. Such work was carried out by his workshop, but he often added the finishing touches himself. Maffeis (see Literature) considers it possible that Luti personally participated in the creation of the present painting, even though he stated in his letters to Heppenstein that he “had it done” (“fatto fare”). The present painting is a careful reproduction of the original with finer details and more delicate colouration. The only difference to the original is that it does not show a signature and date, which can be found on the original on the lower left step. Curiously, Luti’s described Susanna and the Elders as a work of Orazio Gentileschi, Artemisia’s father. It is also listed as such in the castle’s inventory of 1719 (see Literature). Raymond Ward Bissell (Artemisia Gentileschi and the Authority of Art: Critical Reading and Catalogue Raisonné, University Park 1999, p. 10) tried to explain this by assuming that Luti did not know Artemisia and only her more famous father.

Provenance:
Benedetto Luti for Johann Alberich Bauer von Heppenstein, court official for Lothar Franz von Schönborn.
Art trade, Germany.
European private collection.

Literature:
R. Maffeis, L’importanza di firmarsi Artemisia. Su una “Susanna” della Gentileschi nella collezione di Benedetto Luti, in: Mitteilungen des Kunsthistorischen Instituts in Florence, 3, 2017, pp. 389-407, ill. 2.


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