GERHARD RICHTER (1932 Dresden) – „10. Okt. 98“ ("25 Sept. '98")
• Äußerst reizvolle Begleiter der zeitgleich entstandenen, großformatigen abstrakten Bilder
• Gerhard Richter bringt in den Fotoübermalungen die zwei für ihn zentralen künstlerischen Techniken Fotografie und Malerei zusammen
• Auch in diesem Jahr wird Gerhard Richter im Ranking des Kunstkompass wieder als einer der weltweit wichtigsten Künstler gelistet
Von Anbeginn seiner künstlerischen Laufbahn spielt die Fotografie und insbesondere ihr Verhältnis zur Malerei eine zentrale Rolle im Schaffen Gerhard Richters. Seit Jahrzehnten fotografiert Richter auch selbst, im Alltag, auf Reisen oder bei Ausstellungseröffnungen. Das Basismaterial der Fotoübermalungen sind daher eigene Fotografien, zumeist im Format 10x15 Zentimeter. Sie erheben keinerlei künstlerischen Anspruch, häufig sind es Schnappschüsse, private Aufnahmen oder Reiseeindrücke, wie z.B. Panoramen aus dem Engadin.
„Übermalt“ im eigentlichen Sinne – denkt man hier doch zunächst an eine Pinselarbeit – sind die Fotos jedoch nicht! Seit Ende der 1970er Jahre setzt Gerhard Richter in seiner Malerei die sogenannte Rakel ein – starre Schaber, mit denen die Farbe großflächig aufgetragen, verstrichen bzw. von der Leinwand abgeschabt werden kann. Reste der benutzten Farbe bleiben an der Rakel zurück. In den Fotoübermalungen nun bringt Gerhard Richter beide Techniken – Fotografie und Malerei - zusammen: Gegen Ende eines Arbeitstages werden die Fotoabzüge in unterschiedlichem Tempo durch die noch feuchte Farbe der Rakel gezogen oder auf die verbleibenden Farbmassen gedrückt, wieder abgezogen, sodass die glatte Oberfläche des Fotos von dicken Farbschichten oder einem zarten farbigen Wurzelgeflecht überzogen, mit Farbspritzern besprenkelt oder anderen Zufallsmustern bedeckt ist. Überarbeitet wird das Ergebnis in der Regel nicht, sodass die Fotoübermalungen dem Zufall, der spontanen Geste, Raum geben. Manche dieser Kombinationen ergeben neue, ganz eigene Motive, andere erscheinen dem Künstler hingegen als nichtssagend. Er behält die einen und vernichtet die anderen.
Materiell und sensorisch treffen in den Fotoübermalungen zwei Welten aufeinander: das glänzende Fotopapier und die pastose Farbe. Mal erweitert diese den fotografisch festgehaltenen Moment assoziativ, wenn sich wie etwa am „10. Okt. 98“ ein filigranes, weiß-rot-grünes Gewächs vor das raue Bergpanorama des Fextals schiebt. Häufig jedoch bildet die Farbe einen bewussten Gegensatz, kraftvoll und lodernd überlagert sie wie am „25. Sept. 98“ die graue Landschaft und setzt einen Kontrast zum trüben Wolkenhimmel.
Wir danken Dr. Dietmar Elger, Gerhard Richter Archiv, Dresden, für die freundlichen Hinweise bei der Katalogisierung dieses Werkes.
Das Werk ist im Online-Werkverzeichnis der übermalten Fotografien verzeichnet.
Provenienz:
Galerie Fred Jahn, München;
Privatsammlung, München, bei Vorgenannter erworben.