AUGUSTE RODIN (1840 Paris - Meudon 1917) – „Lune. Psyché“ (Recto/Verso: Playing female nudes in the interior - Seated man with two women)
Die große Werkgruppe sensibler Aktzeichnungen mit zarten Kolorierungen ist Rodins Alterswerk zuzurechnen. Erst in den späten 1890er Jahren greift er zu helleren Farben und kultiviert ab etwa 1900 das zartgetönte Aquarellieren seiner mit dem Bleistift gezeichneten Aktstudien. Dabei kann die Aquarellierung auch erst viele Jahre nach Entstehung der Bleistiftzeichnung erfolgen, eine genaue Datierung ist deshalb kaum möglich. In seinen Mußestunden sucht Rodin aus dem schier unerschöpflichen Vorrat seiner Aktstudien besonders geeignete heraus, um ihnen mit dem Aquarellpinsel noch eine besondere ‚douceur' zu verleihen. Paul Klee, der anlässlich eines Studienaufenthaltes in Rom eine Ausstellung mit Aktstudien Rodins sieht, notiert in seinem Tagebuch: „Darin der Größte, den ich sah, verblüffend genial. Mit ein paar Bleizügen sind Umrisse gezogen, mit einem vollen Pinsel ist in Aquarell ein Fleischton hingesetzt (...). Das ist alles und wirkt einfach monumental.“ (zit. nach: Auguste Rodin. Zeichnungen und Aquarelle, Westfälisches Landesmuseum, Münster 1984 u.a., S. 260). René Helleu schreibt in seiner Expertise, dass die Zeichnung als Vorlage für einen Holzstich von J. L. Perrichon für die Karte eines Festbanquetts diente, das die Künstlerfreunde zu Ehren von Rodin veranstaltet haben. Das genaue Datum dieser Veranstaltung ist Helleu nicht bekannt, er nennt die Jahre zwischen 1902 und 1905. Die Zeichnung muß also vor dieser Zeit entstanden sein. Helleu erwähnt auch, dass es sich um jenes Fest gehandelt habe, an dessen Ende die berühmte amerikanische Tänzerin Isadora Duncan nackt auf dem Rasen tanzte.
„Lune. Psyché“ gehört zu einer Reihe von Zeichnungen der „Psyche“ - insgesamt etwa 100 -, die der Holzschneider Jules-Léon Perrichon (1866-1946) 1902 für ein nicht zustande gekommenes Publikationsprojekt bearbeitete. Laut Georges Grappe, dem ehemaligen Kurator des Musée Rodin, handelte es sich dabei um Ovids Liebeselegien. Er verwirklichte dieses Projekt posthum im Jahr 1935.
Mit einer alten Bestätigung von René Helleu (1884-1964), Editions d'Art Edouard Pelletan, Paris.
Mit einer Echtheitsbestätigung von Christina Buley-Uribe, Paris. Die Arbeit wird in das in Vorbereitung befindliche Werkverzeichnis der Zeichnungen und Gemälde von Auguste Rodin aufgenommen (CR no 241101).
Provenienz:
Privatbesitz, Bayern;
Karl & Faber, 30.5.2006, Los 433;
Privatsammlung, München.